Wer sich mit Buchmarketing beschäftigt, der kommt eigentlich nicht um den ultimativen Nonplusultra Tipp herum, Blogger anzuschreiben. Bei meinem ersten Buch hatte ich mal eine Handvoll angeschrieben, Absagen oder stilles Desinteresse erhalten und somit ganz schnell die Motivation verloren. Bei meinem zweiten Buch wollte ich es dann aber noch mal wissen und gab mir einen Ruck. Ein Glück gibt es hilfreiche Kollegen, wie die liebe Annika Bühnemann, die mich zu dem Thema beraten hatte und mir dadurch den fehlenden Ansporn lieferte.
Ihre Tipps könnt ihr auf ihrer Website vomschreibenleben.de nachlesen. Dort hat sie nämlich genau das niedergeschrieben, was sie mir geraten hat – es hier in Form einer Anweisung zu wiederholen erspare ich mir daher und komme direkt zu meiner persönlichen Erfahrung.
Die Umsetzung von Annikas Tipps
Ich hatte ihren Rat befolgt, mir hundert Blogs zu meinem Genre zur Zeitersparnis von jemand anderem raussuchen zu lassen, von den 109 Links 64 angeschrieben (bei einigen ersparte ich es mir aufgrund diverser Umstände) und das Anschreiben versucht, etwas persönlicher zu gestalten. Annika schreibt auf ihrem Blog, dass man sich die Blogs genau ansehen und dann ein möglichst persönliches Anschreiben formulieren soll. Jahaaa… Mach das mal für einhundert Buchblogs – vor allem an einem einzigen Tag – selbst wenn es ein Samstag ist. Sorry Annika, aber meine Superkräfte liegen leider nicht im Bereich der Schnelligkeit. ;-)
Da ich nun mal die lahmarschigste Autorin des mir bekannten Universums bin, musste ich das also ein bisschen verteilen. Ich verfasste zunächst in aller Ruhe eine Mail, in der ich meine beiden Bücher kurz vorstellte (in einem Satz – also nicht der Klappentext), mich selbst kurz vorstellte, ein paar freundliche Zeilen vornedran packte, die ich etwas umformulieren konnte und noch ein paar freundliche Zeilen ans Ende, in denen ich mich herzlichst für die Aufmerksamkeit bedankte und heiligst versprach, dass ich nicht stinkig werden würde, wenn ich keine Antwort erhalte, mich aber trotzdem über eine Antwort sehr freuen würde. Der eine Satz zur Buchbeschreibung war aber definitiv kürzer als der hier.
Zur Personalisierung des Ganzen und weil ich natürlich wissen wollte, wen ich da anschreibe, habe ich mir dann jeden einzelnen Blog vorgenommen. Ich überflog kurz die Startseite, suchte nach Rezensionen zu ähnlichen Büchern und las mir die »über mich« Seite genauestens durch. Ja, das kostet Zeit. Aber ich wollte schließlich einen Namen haben für das Anschreiben – tatsächlich nicht immer ganz so einfach. Ich wollte wissen, ob mein Genre wirklich gelesen wird und ob der oder die BloggerIn überhaupt Zeit hat. Einige Blogs fielen dabei raus, weil derjenige gerade keine Bücher annahm, keine Indies las, mein Genre doch nicht so wirklich vertreten war etc.
Eine halbe Stunde pro Blog hat mich das mindestens gekostet. Wenn der Blog besonders interessant war, sogar noch mehr. So. Jetzt mal hochrechnen. 30 Minuten à 100 Blogs macht 50 Stunden. Mein 50-Stunden-Samstag war mir dafür dann doch zu schade. Also schrieb ich jeden Tag kontinuierlich fünf Blogs an. Mit der Zeit änderte ich mein Anschreiben ein bisschen. Es wurde persönlicher, ging mehr auf die Blogs ein. Und es kamen Antworten. Gegen Ende immer mehr.
Die Reaktionen
Von den 64, die ich angeschrieben hatte, meldeten sich 30 zurück. Zehn davon waren freundliche Absagen, die restlichen zwanzig waren interessiert, hatten aber nicht alle direkt Zeit oder boten mir Gastartikel oder Interviews an. Am Ende kamen zehn wunderbare Rezensionen dabei heraus, zudem noch zwei Interviews und ein Gastartikel. An dieser Stelle noch mal vielen lieben Dank dafür!
Interessant waren aber auch die Absagen. Denn die Blogger, die sich zurückgemeldet hatten, nahmen sich dann auch die Zeit, mir zu schreiben, warum sie meine Bücher verschmähten. Ein häufig genannter Grund: „Ich lese keine Kurzgeschichten.“ Für diese Leser fiel dann wohl auch das hundertseitige Panopticon in diese Kategorie. Merke: Demnächst nur noch dicke Wälzer schreiben.
Das Ergebnis
In allererster Linie hat mir die Aktion tolle Rezensionen eingebracht. Kann zwar auch nach hinten losgehen, wenn das zu rezensierende Buch der letzte Dreck ist, aber es muss ja auch Vorteile haben, wenn man der lahmarschigste Autor des Universums ist. Da hat man genug Zeit für Perfektionismus. ;-)
Außerdem hat es mir ein paar nette Kontakte und zukünftige Leser eingebracht. Zu einigen Bloggern halte ich weiterhin Kontakt, habe auch einen auf der Leipziger Buchmesse persönlich kennengelernt, und weiß, dass ich viele davon bei meiner nächsten Veröffentlichung wieder anschreiben werde.
Was den erhofften Marketingeffekt angeht, kommt es ein bisschen auf den Standpunkt an, von dem man es betrachtet. Meine Buchverkäufe gingen nun leider nicht an die Decke, auch kam es selten vor, dass am Tag der Veröffentlichung einer Rezension, direkt ein Buch verkauft wurde, aaaaaber, rechnerisch gesehen habe ich meine Verkäufe verfünffacht. ;-) Wenn man statt zwei Büchern, plötzlich zehn Bücher im *räusper* Monat verkauft, kann man sich das statistisch ja sehr schönreden.
Die Fehlerdiagnose
Vielleicht waren die Blogs zu klein, um größere Aufmerksamkeit zu erregen, vielleicht hätte ich es mit anderen Werbemaßnahmen kombinieren müssen oder mein Genre (oder meine Zielgruppe) ist einfach nicht für diese Art der Werbung geeignet. Keine Ahnung. Dennoch werde ich beim nächsten Buch wieder Blogger anschreiben. Denn gelohnt hat es sich allemal – vielleicht nicht für den Geldbeutel, aber für die Seele definitiv.
An dieser Stelle noch ein Warnhinweis
Wer sich dazu entschließt, Blogger anzuschreiben, um Rezensionen zu erhalten, sollte sich darüber im Klaren sein, dass dabei auch mal ein Verriss herauskommen könnte. Bestechungen, Beleidigungen, öffentliche Diffamierungen und was einem sonst noch so einfallen könnte, um einen anderen Menschen dazu zu zwingen, das eigene Buch positiv zu bewerten, sind unprofessionell und dumm. Mit diesem Kindergartenbullshit schadet man nicht nur sich selbst, sondern bringt gleich eine ganze Berufsgruppe in Verruf – meine Berufsgruppe – also Finger davon lassen!
Wer sich ungerecht behandelt fühlt, weil *heul* „Der Arsch hat die Genialität meines Buch einfach nicht erfasst“ oder *schluchz* „Wie kann er/sie/es sich herausnehmen, mein Werk anhand seines/ihres eigenen (miesen) Geschmacks zu bewerten?“, der nehme sich einen Lästerpartner, gehe in einen abhörsicheren Raum (Facebook fällt da übrigens raus) und lamentiere über die Ungerechtigkeit der Welt. Alternativ kann man auch auf ein Kissen einprügeln und darauf hoffen, dass es sich nicht wehrt (siehe Bild). Und wenn man sich abgeregt hat, sollte man sich fragen, ob der böse Kritiker vielleicht sogar recht haben könnte …
Wer sich nun gerne einige der Rezensionen durchlesen möchte (keine davon nötigte mich zur Misshandlung eines Kissens), der findet die entsprechenden Links dazu auf der Seite von »Im Turm des Panopticons«.
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