Das erste Buch ist geschrieben, Stolz macht sich breit, und nachdem man sich aus welchen Gründen auch immer fürs Self-Publishing entschieden hat, sieht man sich nun den Aufgaben eines Verlages gegenüber. Für unerfahrene Autoren stellt sich dann unter anderem die Frage nach einem Lektorat, die auch gern öffentlich zur Diskussion freigegeben wird.
- »Brauch ich das wirklich?«
- »Kann ich meinen Text nicht einfach Freunden zum Lesen geben?«
- »Es gibt doch Rechtschreibprogramme, warum sollte ich also jemanden dafür bezahlen?«
- …
Der übliche Aufschrei folgt auf den Fuß:
- »Wenn du professionell arbeiten willst, brauchst du UNBEDINGT einen Lektor!«
- »Zumindest ein Korrektorat ist ein MUSS!!!«
- »Lern erstmal den Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat!«
- …
Also lernen wir doch erstmal den:
Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat
Das Lektorat beschäftigt sich im Gegensatz zum Korrektorat nicht nur mit Grammatik und Rechtschreibung, sondern umfasst auch Stil und Inhalt der Geschichte – etwas, das ein Rechtschreibprogramm definitiv noch nicht hinbekommt. Das Lektorat soll also auch Schwächen an der Story, Logikbrüche und so Zeug finden. Wer es ausführlicher wissen möchte: Wikipedia hilft gern.
Profis kosten Geld
Nun ist es jedoch so, dass ein professionelles Lektorat oder Korrektorat von einem Profi eine ganze Stange Geld kostet – was verständlich ist. Schließlich muss dieser Mensch auch von irgendetwas leben und eine ordentliche Korrektur kostet Zeit. Wer es sich leisten kann, dem rate ich daher durchaus, einen Profi anzuheuern. Aber holt euch Empfehlungen von Kollegen ein, denn der Begriff »Lektor« ist keine geschützte Berufsbezeichnung und dementsprechend tummeln sich leider auch hier ein paar schwarze Schafe. Gerne dürft ihr in den Kommentaren Links zu Lektoren posten, mit denen ihr gute Erfahrungen gemacht habt. Ich persönlich kann damit nicht dienen, denn ich habe das noch nie in Anspruch genommen. Warum? Mir fehlt das nötige Kleingeld.
Also was tun, wenn man nicht mal eben ein paar Hunderter für ein professionelles Lektorat berappen kann? Wer keine Kohle hat, der braucht im Gegenzug Zeit. Denn den besten Freund einmal drüberlesen, ein paar Fehler anstreichen und sich erzählen lassen, wie toll er das Buch doch fand, zählt nicht als brauchbare Alternative.
Die Lösung: Geeignete Korrekturleser finden
Wenn der beste Freund euch seine ehrliche Meinung sagen kann, viel liest, selbst schreibt, Germanistik studiert hat, sich in dem Bereich auskennt, über den ihr schreibt, oder selbst sogar Lektor ist und euch einen Gefallen tun möchte, ist das natürlich super und etwas ganz anderes, als wenn derjenige noch nicht einmal hobbymäßig ein Buch in die Hand nimmt. Daher finden sich unter meinen Korrekturlesern auch immer wieder gute Freunde von mir, die einen Teil der obigen Kriterien erfüllen und mir dadurch helfen können. Doch selbstverständlich hat nicht jeder Autor so viel Glück mit seinem Freundeskreis, und selbst wenn man ein oder zwei rechtschreibsichere Kumpels in petto hat, genügt das meiner Ansicht nach nicht.
Daher sollte man, sofern man Wert auf die Qualität der eigenen Arbeit legt (was ich nachdrücklich empfehle), nach weiteren Korrekturlesern suchen. Dazu benötigt es kein Glück, sondern einfach nur freundliches Auftreten, etwas Geduld und gegenseitige Hilfsbereitschaft. Und ja: Die findet man durchaus unter Autorenkollegen.
Kollegen fragen – wie man es richtig macht
Einfach in einem Autorenforum anmelden und direkt nach Korrekturlesern fragen, ist nur bedingt erfolgversprechend. Als Neuling sollte man daher erstmal versuchen, die anderen Mitglieder etwas kennenzulernen, sich und seine Erfahrungen einbringen und vielleicht schon während des Schreibvorgangs mit der ein oder anderen Frage an seine Kollegen herantreten. Nicht nur, dass die anderen Autoren euch noch nicht kennen, ihr kennt auch sie nicht. Es fehlt das Vertrauen, das man bei Freunden bereits gewonnen hat. Also nehmt euch erstmal Zeit, die Kollegen in eurem Umfeld kennenzulernen.
Das funktioniert natürlich am besten bei kleineren Gruppen. Denn je größer das Forum, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, auf Idioten zu treffen, die einem einreden, man solle es doch lieber gleich lassen, wenn man sich kein Profi-Lektorat leisten kann.
Ich selbst bin zwar in mehreren Schreibforen angemeldet, doch nur bei zwei davon beteilige ich mich und frage auch nach Korrekturlesern. Die Buchstabeninsel und die eWriters sind meine Anlaufstellen.
Habt ihr es euch erstmal in ein oder zwei Foren gemütlich gemacht, findet ihr auch mit Sicherheit Kollegen, die euch unterstützen. Doch hier ist es ganz wichtig, eine Gegenleistung anzubieten. Denn Korrekturlesen kostet natürlich Zeit, wie ich oben bereits angemerkt hatte. Daher biete ich im Gegenzug für das Korrekturlesen meiner Texte, den lieben Kollegen an, dass ich auch ihre Texte lese und korrigiere. Und zusätzlich erhalten alle einen Eintrag im Impressum und das gelesene Buch als signierte Printausgabe.
Wie viele Korrekturleser braucht man?
In meinem Blogbeitrag zum Überarbeiten des eigenen Manuskripts hatte ich dieses Thema bereits aufgegriffen, und erklärt, dass es hierbei die Masse macht. Je mehr aufmerksame Augen eure Geschichte nach Fehlern jeglicher Art abklappern, desto besser wird euer endgültiger Text sein. Nicht jeder Leser findet jeden Fehler. Die Präferenzen liegen unterschiedlich und je nach Interesse und persönlichem Hintergrund achten sie auf verschiedene Dinge. So habe ich auch immer Leute mit im Boot, die normalerweise kein Science-Fiction lesen und sich nicht mit Astronomie oder Physik beschäftigen und mir daher aufzeigen können, wo ich zu viel voraussetze.
Vier Korrekturleser für den ersten Durchgang (Lektorat) ist mein Minimum und nach Einarbeitung der Verbesserungsvorschläge folgt noch ein Abschlusskorrektorat – was dann wirklich nur noch ein Korrektorat ist.
Und es funktioniert. Bei meinem ersten Buch hatte ich noch Bammel, ob das ausreichen würde. Denn es steht und fällt auch mit der Qualität der Korrekturleser. Haben sie Ahnung vom Fach? Und geben sie euch wirklich ehrliche Kritik? Wenn ich Seelenschmeichler brauche, sende ich meine Geschichten an meine Eltern. Zum Korrekturlesen brauche ich aber harte Worte, damit ich diese nicht später von meinen Lesern hören muss, die Geld für mein Buch bezahlen und mir für meine vorige Schlamperei die Quittung durch die entsprechende Sternanzahl verpassen. Im Gegenzug bin ich natürlich auch nicht zimperlich, wenn es darum geht, anderer Leute Texte zu korrigieren. Bringt dem Autor ja nichts, wenn ich ihm Honig ums Maul schmiere. Und bislang wussten das alle zu schätzen.
Funktioniert das für jeden?
Das kann ich natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Ob meine Taktik für mich funktioniert, davon darf sich jeder selbst ein Bild machen oder den Worten eines Bloggers glauben. Zitat von Hysterika.de: »Es ist wahrlich erstaunlich, in welcher Sorgfalt die Autorin ihr Werk geschrieben und bearbeitet hat. Ich kann mich nicht einmal an einen Schreibfehler erinnern – wie oft strotzen gerade die selbstverlegten Werke davon?«
Ihr seht also: Es kann funktionieren. Nur bedenkt halt: Diese Taktik kostet statt Geld viel Zeit. Denn neben der Tatsache, dass man eine Gegenleistung anbieten sollte, die eventuell in Anspruch genommen wird, muss man bei seinem eigenen Text statt einer einzigen Korrektur eines Profis gleich mehrere Korrekturen durchsehen und sie natürlich auch darauf prüfen, ob die Kritik berechtigt ist. Schließlich kann man es nicht jedem recht machen und was der eine toll findet, findet der andere vielleicht nicht so gut. Da muss man eben abwägen können. Für Rechtschreibung und Flüchtigkeitsfehler gilt das natürlich nicht. Da hilft ein Blick in den Duden, um zu wissen, dass man Phantasie nach wie vor mit Ph schreiben darf.
Geld oder Zeit – eure Entscheidung
Ich hoffe, ich konnte aufzeigen, dass die Aussage, man bräuchte unbedingt ein Lektorat, nicht zwingend Geld kosten muss. Man sollte sich halt entscheiden: Geld oder Zeit. Was kann ich aufbringen? Weder noch? Bezweifle ich. Denn irgendwie konnte man ja auch die Zeit erübrigen, das Buch zu schreiben, nicht wahr? Wer sein Buch also völlig unkorrigiert auf den Markt wirft und damit nicht nur sich selbst, sondern einer ganzen Berufssparte schadet (siehe Leserzitat – das Vorurteil ist leider berechtigt), der sollte sich mal fragen, was wirklich der Grund ist. Ungeduld vielleicht? Denn kein Geld für ein Lektorat ist – wie ich hoffentlich beweisen konnte – keine Ausrede für ein Buch voller Fehler.
Fazit
Ich kann – wie bereits erwähnt – nicht voraussagen, dass diese Taktik bei jedem Autor funktioniert. Mitunter spielen hier auch persönliche Faktoren eine Rolle. Schließlich muss man die Aussagen seiner Korrekturleser kritisch prüfen können – sich einerseits nicht zu sehr aus dem eigenen Konzept bringen lassen (womöglich noch den Mut verlieren) und andererseits Kritik auch annehmen können, wenn sie berechtigt ist, um sie einzubauen. Vielleicht braucht es einen Hang zu Perfektionismus oder Geduld oder genügend Erfahrung oder, oder …
Für mich funktioniert es jedenfalls sehr gut und vielleicht findet der ein oder andere hiermit die Lösung für sein Dilemma zwischen Finanzen und dem Wunsch nach einem gut lektorierten Buch. Wie seht ihr das?
Kommentare 2
Da ich zufällig gerade selbst in der Situation bin, über einem Text zu brüten, der noch mal Korrektur gelesen werden muss – und inzwischen auch gelesen wird – hab ich darüber in meinem Blog berichtet: http://klarabellis.de/am-rande-des-wahnsinns-oder-verbuendet-euch/ und auf diesen sehr informativen Beitrag hier verlinkt. :-)
Es macht auf jeden Fall Sinn, Leute um Hilfe zu bitten, auch wenn es schwierig ist. Vor allem, wenn man keine Kurzgeschichte geschrieben hat, sondern einen dicken Schinken. Es ist dabei wichtig, alle Korrekturen und Anmerkungen abzuwägen und nicht blind zu übernehmen. Selbst Rechtschreibfehler könnten versehentlich dazu gezaubert werden, je nach Vermögen des Helfers. Falls möglich, sollte man sich auch mit den jeweils anderen Prüfern zu gravierenderen Anmerkungen beratschlagen und herausfinden, wie die betreffenden Textstellen auf andere wirken. Den Text von anderen unter die Lupe nehmen zu lassen, bringt wesentlich mehr, als wenn man ausschließlich im eigenen Saft schmort und darauf setzt, dass einem die Betriebsblindheit nichts anhaben kann.
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