Ich schreib dann mal ein Buch Teil 2 – Vom Jagen und Sammeln

danySchreibtipps 5 Comments

Letzte Woche hatte ich berichtet, wie ich Ideenfindung betreibe und damit eine Grundidee für ein Buch schaffe. Doch mit der Grundidee ist diese Phase längst nicht abgeschlossen. Genau genommen wird sie niemals abgeschlossen sein. Denn neue Ideen tauchen an jeder Stelle des Arbeitsprozesses auf und sollten auch dort noch gehört und – bei Gefallen – eingearbeitet werden.

Diese Woche geht es daher um das Jagen und Sammeln von Ideen, für die Geschichte, die wir stricken wollen. Die Grundidee ist etwas, worauf man aufbauen kann. Wie die imaginäre Vorstellung eines Traumhauses, das ihr bauen wollt (z. B. eine Villa, die wie ein Schloss aussehen soll). Die gesamte Vorarbeit entspräche dabei der Arbeit des Architekten und das Schreiben der Geschichte wäre die Bauphase. (Mal sehen, ob ich diesen Vergleich bis zum Ende der Reihe durchziehen kann …) Heute geht es im übertragenen Sinne darum, Ideen zu sammeln, was ihr für euer Traumhaus alles unbedingt braucht. Einen Burggraben? Einen Turm? Massive Holztüren mit schweren Eisenschlössern? Ein Plumpsklo oder vielleicht doch lieber eine moderne Toilette …

Beginnen wir also, eine komplexe Geschichte zu entwerfen. Für die Phase des Jagens und Sammelns ist jedoch eines ganz wichtig:

Das richtige Arbeitsmaterial

Wer wie ich ohnehin den ganzen Tag etwas zum Schreiben mit sich herum schleppt, der darf diesen Abschnitt getrost überspringen. Allen anderen sei gesagt: Immer – wirklich IMMER – was zum Schreiben mitnehmen. Und besonders praktisch ist es, wenn man sich für ein neues Projekt gleich ein neues Notizbuch zulegt. Das schafft Übersicht und man muss später nicht in dutzenden Unterlagen wühlen. Denn glaubt mir: Es nervt gewaltig, wenn man nach Veröffentlichung des Buches in irgendeiner Hosentasche eine geniale Idee wiederfindet, die man eigentlich einbauen wollte. Um das Notizbuch immer mitnehmen zu können, sollte es natürlich sehr klein sein. DIN A4 ist eher unpraktisch. In meine Hosentaschen würde das jedenfalls nicht hineinpassen.

Bildschirmfoto 2014-01-19 um 13.23.58Für mich persönlich – ich sitze die meiste Zeit am Computer – ist es aber noch viel wichtiger, eine neue Office-Datei anzulegen, in die ich meine Ideen niederschreibe. Zusätzlich lege ich einen Ordner an, den ich mit dem Arbeitstitel des Buches versehe und dort alle meine Dateien ablege, die mit dem Projekt zu tun haben. Ein eigener Ordner ist sehr wichtig, denn da kommt später noch einiges dazu. Siehe Bild:

Zusätzlich zu einer Office-Datei, die ich schlicht „Ideen_Arbeitstitel“ nenne, habe ich auf meinem MacBook (ich muss mich mal outen, denn ich weiß nicht, ob es alle Programme, die ich erwähnen werde, auch für Windows gibt) das Programm „Notizen“. Gehört glaube ich zur Standardausstattung seit OS X Mavericks. Dürfte aber auch für Windows entsprechende Programme geben.
Ich empfehle einfach ein kleines Notizzettelprogramm, das sich sehr schnell öffnen lässt, damit man seine Ideen zwischendrin zügig notieren kann, wenn man am Rechner sitzt. Die Office-Datei braucht ja immer etwas länger, bis sie geöffnet ist, eignet sich aber besser zur späteren Strukturierung.

Ein weiteres gutes Werkzeug ist ein Mind-Map-Programm. Da ich aber selbst noch nicht das Non-Plus-Ultra-Programm für meine Zwecke gefunden habe, kann ich da keine Empfehlung geben. Ein großes Blatt Papier und ein paar bunte Stifte tun es jedenfalls auch.

Hier nochmal als kurze Checkliste:
  • Neues kleines Notizbuch, das immer griffbereit ist
  • Ordner am Computer anlegen (Name des Ordners = Arbeitstitel eures Buches)
  • Office-Datei (Name der Datei = Ideen_Arbeitstitel.doc)
  • Notizzettelprogramm auf dem Rechner
  • Mind-Map-Programm und/oder große weiße Blätter mit bunten Stiften

Wenn ihr euch nun gut gerüstet habt, könnt ihr loslegen.

Die Sammelphase

Mir persönlich geht es immer so, dass ich, sobald ich eine neue Idee habe, die mich begeistert, ich ohnehin ständig darüber nachdenke. Wenn ich stupide Arbeit verrichten muss, spielen sich in meinem Kopf Dialoge ab, wenn ich Musik höre, kommt das sprichwörtliche Kopfkino dazu und ich sehe meine Buchidee wie einen Filmtrailer vor meinem geistigen Auge ablaufen. Fast jedes Mal kommen dadurch neue Ideen zustande. Und sei es nur ein Bild von einem jungen Mann, der durch ein Panoramafenster einen Blick auf den Planeten Erde wirft. So beginnt zum Beispiel „Die Fettnäpfchenskala“ aus dem Zeit-Zwirbel-Effekt.

Alles aufschreiben!

In der Phase des Sammelns kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen. Und man sollte alles in sich aufsaugen, was einem an Sinneseindrücken, Informationen und Menschen entgegen strömt. Und unbedingt alles aufschreiben, was sich für die Geschichte eignet. Ein Rezept für das Sammeln von Ideen habe ich allerdings nicht.

Manchmal setze ich mich hin, höre Musik und lasse die Bilder durch meinem Kopf schweben. Wenn etwas Brauchbares dabei ist, schreibe ich es in meine Office-Datei. Da sollte jeder seinen eigenen Weg finden, seinen eigenen Ort, wo die Ideen am ehesten fließen, die beste Zeit – bei mir ist das häufig nachts.

Aber vor allem sollte man sich keinen Druck machen. Die Phase des Sammelns funktioniert ganz gut nebenbei, während man eigentlich andere Dinge erledigt. Man baut sich langsam im Kopf die Geschichte zusammen. Hauptsache man verliert sich nicht im Betrachten der Phantasiewelt, und notiert sich brav alles, was einem in den Sinn kommt.

Außer ihr gehört zu jenen Menschen, die nie einen Gedanken oder einen tollen Dialog vergessen. Dann sag ich mal: Glückwunsch! Ihr seid Genies. ;-) Vergesst alles, was ich zur Vorarbeit schreibe und geschrieben habe und stürzt euch direkt in die Endfassung eures Buches. Mein Neid ist euch sicher. Aber mein Kurzzeitgedächtnis wird es schnell verdrängt haben.

Gezielt sammeln

In Teil 1 „Ideenfindung“ erwähnte ich, dass ich für eine Romanreihe (ich nenne sie mal beim Namen: „Any Time“) bereits seit Jahren Ideen sammle, und der Vorteil dieser speziellen Ideensammlung in der direkten Einbettung in diese Geschichte liegt. Warum ich wieder darauf zurückkomme?
Any Time befindet sich in der Sammelphase (seit etwa dreizehn Jahren), genauso wie eine andere Geschichte (Titel: „Kaffee, Sex und ein Billigticket für die Spaceline, bitte“), die mein nächstes Projekt werden soll – und bei der die Grundidee auch schon etwas älter ist (etwa zwei oder drei Jahre).

Jetzt aber nicht erschrecken. Die Sammelphase kann zwar tatsächlich sehr lange dauern, muss sie aber nicht. Für „Im Turm des Panopticons“ benötigte ich lediglich eine Woche. Es kommt auch immer darauf an, was man für eine Geschichte erzählen möchte, wie komplex sie werden soll und wie viel man als Autor an Hintergrundwissen braucht, um sie so erzählen zu können, wie man es möchte. Dazu könnte man sich ein paar Fragen stellen wie:

  • Brauche ich ein ganzes Universum, um meine Geschichte zu erzählen oder reicht vielleicht schon ein winziger Einblick in den Alltag eines einzigen Menschen?
  • Will ich meine Figuren so gut kennen, dass sie schon zu einer Art imaginärem Freund werden, dessen Handlungen ich in jeder Situation voraussagen könnte, oder möchte ich Figuren, die mir nur einige wenige Details von sich preisgeben und mich dadurch während des Schreibens noch überraschen können?
  • Möchte ich eine Plot-orientierte Geschichte schreiben, mit einer komplexen Struktur aus verschiedenen Handlungssträngen oder fokussiere ich mich auf eine geradlinige Handlung mit wenigen Figuren und dafür viel Gefühl?
  • Soll es ein dicker Wälzer von mindestens 500 Seiten – vielleicht sogar eine ganze Romanreihe – oder nur eine kurze Novelle von maximal hundert Seiten werden?
  • Schreibe ich einen historischen Roman, für den ich viel recherchieren muss, einen Science-Fiction- oder Fantasy-Roman, für den ich eigene Naturgesetze entwickeln muss, oder wird es eine Geschichte über eine Umgebung, in der ich mich auskenne?

Diese Liste könnte man noch eine Weile weiterführen, ist aber erst einmal nicht sonderlich relevant. Denn die Antworten ergeben sich während der Planung. Wer diese Fragen aber schon klar beantworten kann, dürfte in der Lage sein, abzuschätzen, ob die Sammelphase eher eine Woche oder ein Jahrzehnt andauern wird.
Für eine Kurzgeschichte über einen lustigen Tag in meinem Leben muss ich definitiv nicht zehn Jahre lang sammeln, es sei denn, mir passiert nie etwas Lustiges. Dann wäre eine Depri-Geschichte aber vielleicht sinnvoller.

Das Bauchgefühl entscheidet

Neben der reinen Frage, wie lange man braucht, um Ideen zu sammeln, zählt für mich auch das Bauchgefühl mit. Ich muss einfach für mich selbst merken, wann ich bereit bin, diese Geschichte zu schreiben.
Ein recht eindeutiges Zeichen für mich in Sachen Bauchgefühl ist es, wenn ich es kaum erwarten kann, mit dem Schreiben loszulegen – wenn es mir in den Fingern kribbelt und ich sehnsüchtig darauf warte, endlich Zeit dafür zu finden.
AHHH, da bin ich grad! Dann sollte ich die Sammelphase schnellstmöglich beenden und mich dem Jagen widmen. Aber verdammt, ich muss erstmal mein anderes Buch promoten …

Wer es eilig hat, oder wem es schon lange in den Fingern kribbelt und loslegen möchte, der sollte sich besser der nächsten Phase zuwenden. Ich nenne es:

Die Jagd

Im Gegensatz zum Sammeln gestaltet sich die Jagd deutlich zielgerichteter. Sobald man das Gefühl hat, dass man platzt, wenn man nicht endlich seine ganze Aufmerksamkeit dem Buchprojekt widmet, ist es höchste Zeit, die letzten weißen Flecken in der Geschichte zu füllen. Wie man das macht? Hier ein paar Möglichkeiten:

Automatisches Schreiben

Am besten hilft immer: Auf den Hintern setzen und schreiben. Genau genommen „Automatisches Schreiben“. Sagen wir, ihr habt seit Wochen Ideen für eure Geschichte gesammelt. Ihr wisst genau, wie sie beginnen soll, was der Protagonist alles an Konflikten hinter sich bringen wird und auch, wie die Geschichte endet, aber es fehlt der Höhepunkt. Der letzte Wendepunkt, bevor sich das Liebespaar am Ende findet, der Held die Welt rettet, der Kommissar den Mordfall löst oder alle im Zombiemassaker draufgehen.

Automatisches Schreiben (hier ein kleiner Link zum Wikipediaartikel) hat mir schon häufig geholfen und es ist denkbar simpel. Alles, was man dazu machen muss: Sich vor ein Blatt Papier oder an den Computer mit einer leeren Datei setzen, sich darauf fokussieren „Was brauche ich noch für meine Geschichte“ und jeden Gedankengang sofort niederschreiben. Egal, was es ist. Sogar schon die Ausgangsfragestellung: „Was brauche ich noch für meine Geschichte?“ sollte man aufschreiben. Rechtschreibfehler, Grammatik, Tippfehler, völlig egal. Am besten gar nicht aufs Geschriebene gucken, sondern nur in Gedanken bleiben und alles niedertippen.

Der Sinn hinter dem automatischen Schreiben ist, dass man währenddessen langsam in eine Richtung fokussiert. Man ordnet seine Gedanken, indem man sie niederschreibt. Indem man Unwichtiges gleich wieder verwirft und sich auf Dinge konzentriert, die einem richtig erscheinen. Funktioniert bei mir immer.

Mind-Maps

Ebenfalls durchaus hilfreich sind Mind-Maps. Vor allem bei komplexeren Strukturen helfen sie, einen Überblick zu behalten oder ihn sich überhaupt erstmal zu verschaffen. Hier ein Beispiel vom Zeit-Zwirbel-Effekt. Bildschirmfoto 2014-01-19 um 14.35.20 Mit dieser Übersicht habe ich die zeitliche Einordnung und den Bezug der einzelnen Geschichten zueinander hergestellt und geordnet. Dass nicht alles, was da steht, am Ende im Buch gelandet ist, hat natürlich seine Gründe. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass während des Jagens und Sammelns schon das komplette Buch so weit durchdacht ist, wie es am Ende im (digitalen) Buchregal steht.

Wer noch nie eine Mind-Map erstellt hat, kann sich bei Wikipedia schlaumachen, wie das funktioniert. Man kann auch das Cluster-Verfahren heranziehen, das ähnlich funktioniert, und gerne im Zusammenhang für „kreatives Schreiben“ fällt. Vermutlich, weil das Clustering nur wenigen Menschen ein Begriff ist und man ihnen dadurch etwas „Neues“ erzählen kann. Da ich mich mit den Unterschieden noch nicht sonderlich beschäftigt habe und mich ohnehin nicht an strikte Regeln von Mindmapping und Clustering halte, sondern sie einfach so verwende, wie ich sie gerade brauche, verweise ich mal auf einen anderen Blog, der das meiner Ansicht nach ganz schön beschrieben hat: Schriftsteller-werden.de

Mind-Maps finden bei mir ohnehin häufiger im nächsten Schritt Verwendung – der Ordnungsphase. Lässt sich manchmal jedoch schwer abgrenzen, da es teilweise erst einer gewissen Ordnung bedarf, um weiter nach Ideen zu jagen. Daher wechsele ich bei der Arbeit häufig auch mal zwischen diesen beiden Arbeitsschritten. Zur Ordnungsphase komme ich dann in der nächsten Woche.

Die Vorarbeit verdirbt das Interesse? Dann lieber gleich losschreiben!

Ich weiß von einigen anderen Autoren, dass sie ihre Bücher komplett im Kopf planen und sich nur hin und wieder ein paar Stichpunkte machen. Das muss jeder für sich selbst herausfinden, was für ihn am besten funktioniert. Wer feststellt, dass er durch eine penible Planung langsam das Interesse an seiner Geschichte verliert, der sollte sich vielleicht besser gleich an die Rohfassung setzen und die Vorarbeit im Anschluss machen.

Denn es gibt da ein Phänomen, dass eine Geschichte, die bereits erzählt wurde – sei es auf Papier oder im gesprochenen Wort – den Reiz für seinen Erfinder verliert. Denn sie wurde ja schon erzählt. Sie muss nicht mehr raus. Für mich spielt es hierbei keine Rolle, ob ich es aufgeschrieben habe oder nicht. Es ist nur eine Gedächtnisstütze. Eine Hilfe, um Ordnung in das Chaos zu bringen. Bei mir tritt das Phänomen des Desinteresses auf, wenn ich jemandem die Geschichte erzähle. Daher bewahre ich Stillschweigen über mein aktuelles Projekt oder streue nur kleine Details unter die Leute, die neugierig machen.

Daher ein ganz wichtiger Tipp von mir: Erzählt niemandem eure Geschichte, bevor ihr sie aufgeschrieben habt!

Wichtiger Tipp?, fragen sich vielleicht manche Autoren, die grundsätzlich fürchten, man könnte ihre Idee klauen, wenn sie jedem Fremdling davon erzählen. Aber mir geht es hier auch um Freunde und Familie. Mit niemandem meine ich wirklich niemanden! Es geht um das Festhalten des eigenen Babys, das noch viel zu schwach ist, um der Öffentlichkeit präsentiert zu werden.
Es spornt zudem viel mehr an, wenn man ein Geheimnis darum macht, und man kommt nicht in die unangenehme Situation, dass eure Mutti die Idee vielleicht gar nicht so toll findet wie ihr selbst und sich dieser Gedanke dann in euch selbst breitmacht und ihr das Interesse verliert. Meinungen von anderen sind zwar wichtig, – schließlich wollt ihr das Buch auch verkaufen, oder? – aber sie sollten erst sehr viel später eingeholt werden. Falls ihr bei eurer Idee jedoch das Gefühl habt, dass sie vielleicht gar nicht so toll ist und ihr eine zweite Meinung braucht, dann untersucht lieber euer Bauchgefühl und sammelt weiter, oder beginnt etwas völlig Neues.

Ideen sammeln geht immer

Es gibt sicherlich noch andere Techniken, wie man seine Geschichte erweitern kann. Ich persönlich nutze hauptsächlich Mind-Maps und Automatisches Schreiben, wenn meine Geschichte irgendwo hängt. Da die Jagd- und Sammelphase ein recht wirrer Haufen ist, der sich gern mit anderen Arbeitsschritten überlappt, sei hier noch mal darauf hingewiesen, dass sowohl das Sammeln mit offenen Augen als auch das Jagen mit geschärftem Verstand so lange Anwendung findet, bis das Buch (sofern es nur ein Buch ist und keine Reihe) seine Endfassung erreicht hat. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sollte man aufhören, Ideen zu sammeln. Denn auch wenn man das Gefühl hat, man könnte immer noch etwas verbessern – kann man sicherlich – muss man irgendwann einen Abschluss finden.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Ich hoffe, ihr geht ihn mit mir.

Übrigens hat gerade eine befreundete Kollegin von mir – Annika Bühnemann – ebenfalls eine Blogreihe zum Thema Buch schreiben gestartet.

Kommentare 5

  1. Hallo, Dany.

    Ein sehr interessanter und sicher auch hilfreicher Artikel, selbst wenn man nicht zu der Kategorie „Jäger und Sammler“ gehört.

    Ich gehöre eindeutig zur Fraktion, die das Interesse verliert, wenn ich vorher so ausgiebig plane und auch noch Maps erstelle. Wobei ich diese gern beim Erlernen von komplexen Stoffen benutzt habe, da find ich die Mind Maps unschlagbar (nur nicht unbedingt, wenn sie selbst das Thema der Prüfung waren, auf die ich lernen musste. ^^)

    Aber für meine Geschichten habe ich die Maps lieber im Kopf. Manchmal habe ich das Gefühl, sie wären ein lebendiges Gebilde, das sich vor meinen Augen verändert, wenn mir eine neue Idee kommt. Vergleichbar mit einem Neuron, das plötzlich weitere Verzweigungen ausbildet und ich sehe dabei zu, wie die kleinen Fühler sich mit anderen Neuronen verschalten und plötzlich macht alles Sinn.
    Diese Erleuchtung fühlt sich wie ein inneres Feuerwerk an und die Geschichte bekommt dadurch eine neue Facette, die sich perfekt in das Ganze einfügt, als hätte ich selbst gar nichts dazu beigetragen.

    Womit ich nicht sagen möchte, dass ich mir keine Notizen mache. Das wäre gelogen. Ich lege wie du Dokumente an, allerdings für die verwendeten Charaktere. Steckbriefe, Lebenslauf und wichtige Daten, die ich mir nicht wirklich alle merken kann.
    Aber ich schreibe nichts zu ausführlich auf. Es sind mehr Stichpunkte, die ich bei Bedarf prüfen kann.
    Oft genug hat sich eine komplette Geschichte aus ein paar Telegramm ähnlichen Sätzen entwickelt.
    Es ist schwer zu beschreiben, weil dieses Verschalten meist vor dem Aufschreiben der Weiterentwicklung passiert und die Notizen nur Fetzen dieses Gebildes sind, die mir aber genügen, um weitere Ideen zu spinnen.

    Recherchieren wirkt auch sehr oft Ideen triggernd, weshalb ich nicht alles im Vorfeld sammle, was ich eventuell brauchen könnte. Wobei ich nun keine hochkomplizierten Geschichten erzähle, die von Spezialwissen triefen.
    Da ich mehr Charakter getrieben schreibe, finde ich es zum Beispiel sehr hilfreich, den Personen ein Motto oder einen Spruch zu verpassen, wenn sie im Entstehen begriffen sind. Beispielsweise: „Remembrance of things past is not necessarily the remembrance of things as they were.“ (Marcel Proust).
    Diese Worte haben mehrere Ideen gezündet, die diesen Charakter betrafen, der mit seiner Vergangenheit haderte und dem nicht klar war, dass seine Erinnerungen getrübt sein könnten.

  2. Ich hatte es so verstanden, dass du empfiehlst, niemandem überhaupt zu erzählen, dass man eine Geschichte schreibt. Klar, über den Inhalt meiner Geschichten schweige ich mich der Allgemeinheit gegenüber auch aus, sonst wäre es ja auch nicht mehr spannend, das Buch zu kaufen. Dann hab ich dich falsch verstanden! Mir reicht es auch, z.B. auf meinem Blog angekündigt zu haben, dass ich 3 Romane in diesem Jahr schaffen will. Vermutlich werden es nur 2, aber alleine die Tatsache, es herausposaunt zu haben, weckt in mir den Druck, meine eigenen Versprechungen einhalten zu wollen. Ich wäre aber auch dagegen, alle Details der Geschichte zu erzählen. Denn da hast du recht: Damit verfliegt die Lust, das alles noch aufzuschreiben. Mir persönlich macht es jedoch nichts aus, für mich einen Zettel zu machen, auf dem alles haarklein steht. Den darf nur niemand sehen :o)

  3. Sehr interessant, Daniela! Zum Glück gibt es noch mehr Leute wie mich, die alles akribisch planen, bevor es richtig losgeht.
    Die Geschichte niemandem vorher zu erzählen würde ich allerdings im Gegensatz zu Klara nicht ohne weiteres unterschreiben. Ich habe zum Beispiel den Plot meines im Juni erscheinenden Buches mit meiner Lektorin vorab besprochen, als ich eine Überlegung zur Struktur hatte und wir haben zusammen den Plot überarbeitet und umgestellt, sodass ich die beste Grundlage hatte, um zu schreiben. Hätte ich niemandem was erzählt, wäre ich 1) nicht unter Druck gewesen, es fertig zu stellen und hätte 2) im worst case die Story im Nachhinein beim Überarbeiten nochmal umstellen müssen. So habe ich mir Arbeit erspart und garantiert, dass ich es auch fertigstelle.

    Kommt also vielleicht drauf an, wem man es erzählt. Wer in die Welt hinausposaunt, er schreibe jetzt einen Fantasyroman, muss das natürlich einhalten und ihn auch schreiben.

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      Okay, in diesem Fall mit der Lektorin ist das natürlich etwas anderes. Aber da hast du konstruktive Hilfe von professioneller Seite. Es ist eine Zusammenarbeit. Wenn man beispielsweise mit einem anderen Autoren zusammen ein Buch schreibt, wäre das natürlich ebenfalls Blödsinn, ihm nichts davon zu erzählen. ;-)
      Was allerdings den Druck angeht, den mancher – ich auch – zum Schreiben braucht, muss ich klar dagegen sprechen: Dafür muss man niemandem die Geschichte erzählen. Da reicht es, kleine Häppchen zu werfen. Den Titel zu verkünden oder das Cover, wenn es schon eins gibt, online zu stellen. Bei mir verfliegt der Druck, wenn ich die Geschichte schon erzählt habe. Wenn nicht, platze ich eher von Innen heraus, dass ich es möglichst schnell fertig stellen will, um es mit anderen teilen zu können. Aber das mag auch von Autor zu Autor verschieden sein.

  4. Zitat: „Daher ein ganz wichtiger Tipp von mir: Erzählt niemandem eure Geschichte, bevor ihr sie aufgeschrieben habt!“ Das kann ich nur unterschreiben. Auf keinen Fall Freunde und Familie damit nerven. Das Schlimmste was passieren kann, jemand von denen interessiert sich dafür und gibt Tipps, was alles anders und besser gemacht werden muss. Das könnte beim „Baby“ sogar bis zum plötzlichen Kindstod führen.

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